Schwarz oder weiß! Die Petition 3176, die am 4. November im Parlament eingebracht wurde, erhielt 4775 Unterschriften: Sie zielt darauf ab, Smartphones generell auf dem Schulgelände zu verbieten. Petitionen liegen im Trend. Dazu eine Carte Blanche von Gaston Ternes. Petitionen sind an sich positiv: Sie geben dem engagierten Bürger die Möglichkeit, seine Meinung öffentlich zu äußern, und zwar im Parlament, dem Gremium der gewählten Vertreter, die für uns in unserer parlamentarischen Demokratie entscheiden. Eine Frage geht mir durch den Kopf: Gibt es immer nur Schwarz oder Weiß, ohne Zwischentöne? Die aktuelle Diskussion um das generelle Handyverbot in Schulen bringt mich zum Nachdenken: Reicht es, im Hinblick auf „Bildung“ mit „gut“ oder „schlecht“ zu antworten? Es macht keinen Sinn, Mobiltelefone gänzlich zu verbieten. Ebenso macht es keinen Sinn, das Handy ständig und überall zu erlauben! Das Thema passt einfach nicht in ein binäres System, entweder eine Null oder eine Eins. „Medien müssen gelehrt und nicht dämonisiert werden“, brachte es kürzlich der Psychiater Serge Tisseron auf den Punkt. Medien brauchen Regeln, die sowohl in der Familie als auch in der Schule trainiert werden müssen. Betreffend Fragen zur Schule, geht es zuletzt fast immer nur um „gut oder schlecht“: internationale oder luxemburgische Schulen zum Beispiel, ohne die Gelegenheit zu nutzen, sich systematisch über „Best Practices“ auszutauschen! Heutzutage kann jeder direkt kommunizieren, oft nur mit einem „Daumen hoch“ oder einem „Daumen runter“ oder sogar einem Emoji, um ein Gefühl schnell auszudrücken. Die Nuancen bleiben auf der Strecke. Die Komplexität der Frage wird übersehen. Keine Suche nach einem Kompromiss. Warum dieser Trend in unserer Zeit...? Ein Grund sind sicherlich die Filterblasen, die sowohl in Internet-Suchmaschinen als auch in sozialen Medien allgegenwärtig sind. Unsere Nachrichten werden gefiltert. Sie sind auf unser Profil zugeschnitten. Wir sehen nur einseitige Kommentare und Informationen, die genau unseren Interessen entsprechen; die Kehrseite spielt der Algorithmus uns nicht zu. Wenn Sie nur mit Ihrer eigenen Meinung konfrontiert werden, immer nur bestätigt werden, dann leben Sie in einer komfortablen Meinungsblase. Der amerikanische Aktivist Eli Pariser hatte uns bereits 2011 in seinem Buch „The Filter Bubble: What the Internet is hiding from you“ gewarnt. Meine erste Frage wirft neue Fragen auf: Tolerieren wir einfach, dass skrupellose Internet- und Social-Media-Big Player jegliche Meinungsvielfalt auf dem Altar ihres Profits opfern? Wäre es nicht an der Zeit gegenzusteuern, sowohl durch eine konsequente Erklärung der Funktionsweise der Filterblasen als auch durch ein aktives Training des „Debattierens“, am

Schwarz oder weiss

La pétition 3176, déposée le 4 novembre au Parlement, a recueilli 4775 signatures : elle vise à interdire les smartphones de manière générale dans l’enceinte des écoles. Les pétitions sont à la mode. A ce sujet, une carte blanche de Gaston Ternes.

 

Les pétitions sont positives en soi : elles donnent au citoyen engagé la possibilité d’exprimer publiquement son opinion, et ceci au Parlement, l’institution des représentants élus qui décident pour nous dans notre démocratie parlementaire.

 

Une question me taraude l’esprit: est-ce que tout est toujours noir ou blanc, sans nuances ? Le débat actuel sur l’interdiction générale des téléphones portables dans les écoles me fait réfléchir : suffit-il de répondre par « bon » ou « mauvais » à des questions complexes ayant trait à l’éducation? Cela n’a aucun sens d’interdire totalement les téléphones portables. De même, cela n’a pas de sens d’autoriser le téléphone portable en permanence et partout ! Le sujet ne s’inscrit tout simplement pas dans une optique binaire, soit 0 ou 1. « Les médias doivent être enseignés et non diabolisés », résumait récemment le psychiatre Serge Tisseron. Les médias ont besoin de règles, qui doivent être enseignées aussi bien en famille qu’à l’école.

 

Ces derniers temps, les questions relatives à l’école, sont pratiquement toujours abordées sous un simple angle de « bon ou mauvais » : les écoles internationales ou les écoles luxembourgeoises, par exemple, sans saisir l’occasion d’échanger systématiquement sur les « meilleures pratiques » des deux systèmes!

 

De nos jours, tout le monde peut communiquer instantanément. Cela se résume souvent à un simple « pouce vers le haut » ou un « pouce vers le bas », voire un emoji pour exprimer rapidement un sentiment. Les nuances passent à la trappe. La complexité de la question est négligée. Aucune recherche de compromis. Pourquoi cette tendance à notre époque… ?

 

L’une des raisons est certainement l’omniprésence des bulles de filtrage, aussi bien dans les moteurs de recherche que dans les médias sociaux. Nos messages sont filtrés. Ils sont adaptés à notre profil. Nous ne voyons que des commentaires unilatéraux et des informations qui correspondent exactement à nos intérêts ; l’algorithme ne nous informe pas sur la position adverse.

 

Si vous n’êtes confronté(e) qu’à votre propre opinion, si vous êtes toujours confirmé(e), alors vous vivez dans une confortable bulle d’opinion. L’activiste américain Eli Pariser nous avait déjà mis en garde en 2011 dans son livre « The Filter Bubble : What the Internet is hiding from you ».

 

Ma première question en soulève des nouvelles : Tolérons-nous simplement que des acteurs majeurs peu scrupuleux d’Internet et des médias sociaux sacrifient toute diversité d’opinion sur l’autel de leur profit ? Ne serait-il pas temps de prendre le contre-pied, à la fois par une explication cohérente du fonctionnement des bulles de filtrage et par un entraînement actif au « débat », de préférence dans le même espace réel ?

 

Carte blanche vom 31.05.2024 – Unsere Gesellschaft bricht zusammen, … und niemand scheint es zu merken?

Unsere Gesellschaft bricht zusammen... und niemand merkt es?

Unser Alltag ist zunehmend von Intoleranz, voreiligen Urteilen, Fake News und verbalen Angriffen geprägt. Soziale Netzwerke sind dafür ein alltägliches Beispiel. Keine Altersgruppe bleibt verschont. Hinzu kommen Hektik, Stress und finanzielle Sorgen. Entgleist unsere gesamte Gesellschaft ... und niemand bemerkt es? Welche Rolle spielt die Politik? Diese Frage beantwortet Gaston Ternes in seiner Carte Blanche.

 

Das heutige Thema ist nicht spezifisch luxemburgisch, es betrifft unsere sogenannte „westliche“ Gesellschaft, die Art und Weise unseres Zusammenlebens, die Art und Weise, wie die Politik sie begleitet. Ich werde aus einer Palette zwei sehr extreme Beispiele dafür auswählen, wie die Politik im ersten Fall reguliert, im zweiten kapituliert!

 

Großbritannien hat gerade ein Gesetz zur Abschiebung von Asylsuchenden nach Ruanda verabschiedet. Vor zwei Jahren nannte Charles III., damals noch Prinz von Wales, den Gesetzentwurf eine „schreckliche Idee“. Er unterzeichnete das Gesetz Ende April dieses Jahres als König.

 

Wir sind irritiert darüber, dass es auch innerhalb der europäischen Gemeinschaft Stimmen gibt, die diese menschenverachtende Lösung akzeptieren. Vor einer Woche lobte der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer dieses britische „Ruanda-Modell“! Wie können Menschen, die angeblich demokratische Werte vertreten, solch menschenverachtende Entscheidungen treffen? Kein Befürworter dieser Idee interessiert sich für die Situation in Ruanda selbst, da dieses Land mit einem eigenen Flüchtlingsproblem konfrontiert ist. Hunderttausende ruandische Flüchtlinge wollen seit Jahren in ihr Herkunftsland zurückkehren. Niemand spricht über die dramatische Arbeitslosenquote in Ruanda.

 

Lassen Sie uns ein weiteres, ganz anderes Beispiel als das erste nennen: Die psychische Gesundheit vieler Kinder und Jugendlicher in Westeuropa ist nicht gut. Die Aufregung der Kinder hallt im ganzen Klassenzimmer wider. In der Schule seien immer mehr „konkrete Maßnahmen“ notwendig, um Kinder bei Fehlverhalten zu unterstützen. Ich empfinde diese Maßnahmen als Pflaster, ohne auf die wahren Ursachen einzugehen.

 

Das Durchschnittsalter, in dem Kinder zum ersten Mal pornografischen Bildern ausgesetzt sind, liegt mittlerweile bei 10 Jahren! Der Zugriff auf extrem gewalttätige Videoclips und Filme ist unbegrenzt. Allzu schnell werden Kinder mit sozialen Netzwerken konfrontiert, die sie der Diktatur der Blicke anderer und destruktiver Kritik aussetzen. Hier gilt die Richtlinie „keine Abonnements“. Es regelt nicht.

Im Laufe der Jahrzehnte haben Regierungen systematisch menschliche Werte hinter wirtschaftliche Interessen gestellt. Sie haben die Augen vor dem Kollateralschaden verschlossen. „Wirtschaftliches Wachstum geht mit einem intellektuellen, kulturellen, psychologischen und spirituellen Zusammenbruch einher“, schreibt der französische Autor Laurent Gounelle völlig zu Recht in seinem jüngsten Werk „Le reveil“. Wann werden wir aufwachen, wann werden die Politiker aufwachen und sich wieder ihrem Kerngeschäft widmen?

„Polis“, aus dem Altgriechischen, im Sinne von Gestaltung und Regelung des harmonischen Zusammenlebens, kollektives Bewusstsein!