Seit den Pisa-Studien, also seit dem Jahr 2000, wissen wir, welche Arten von Kindern gefährdet sind: Kinder mit Migrationshintergrund und/oder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien. Mit der Pandemie hat sich dieses Problem noch verschärft. In seiner „Carte blanche“ untersucht Gaston Ternes die Handlungsmöglichkeiten zu diesem Thema.
Es überrascht nicht, dass das „Luxembourg Centre for Educational Testing“ (LUCET) an der Universität Luxemburg in seinem aktuellen Bericht zum Bildungsmonitoring auf die Ungleichheiten im luxemburgischen Schulsystem aufmerksam gemacht hat. Diese Erklärung wird auch vom National Observatory of School Quality unterstützt. Insbesondere die Hörverständniskompetenz in der deutschen Sprache ist deutlich zurückgegangen, da junge Menschen mit Migrationshintergrund während der Pandemie kaum oder gar keinen Kontakt mit der deutschen Sprache hatten. Und damit die digitale Heimerziehung erfolgreich ist, ist eine starke Einbindung der Eltern notwendig.
Die derzeit umgesetzten Lösungen sind insgesamt folgende: mehr Deutschunterricht im dritten und letzten Schuljahr in Grundschulen sowie der Vorschlag einer „Sommerschule“ von 14 Tagen, bevor der Unterricht Mitte September wieder aufgenommen wird. Dies scheint ein Tropfen auf den heißen Stein zu sein.
Eine wirksame Lösung des Problems der Chancenungleichheit muss auf zwei Säulen basieren: Sie ist Teil der Kontinuität und die Wirksamkeit der Maßnahme wird regelmäßig evaluiert.
Gerechtigkeit in der Bildung geht weit über die Schule selbst hinaus. Ein erster Schritt wäre eine deutlich bessere Vernetzung bestehender Lehr- und Betreuungsstrukturen. Es ist wichtig, die Barrieren zu identifizieren, die Familien derzeit den Zugang erschweren.
Über Gerechtigkeit nachzudenken bedeutet automatisch, ein Maximum an Möglichkeiten in der Schule selbst anzubieten, damit diese Möglichkeiten jedem Lernenden zugänglich sind. Beispielsweise wäre es sinnvoll, ein Gremium in der Schule zu haben, das im engen Kontakt mit der Familie schnell und flexibel auf jede Situation reagieren kann. Um dieser Herausforderung gerecht zu werden, benötigt die Schule zusätzliche personelle Ressourcen.
Das Schulsystem selbst sollte komplett umstrukturiert werden; er sollte die Auswahl viel später treffen, da eine frühe Trennung die Fähigkeiten des Jugendlichen einschränkt und eine gute Orientierung erschwert.
Die sprachliche Förderung in Deutsch und Französisch ist das „Alpha und Omega“ für den schulischen Erfolg im luxemburgischen Schulsystem. Schulinitiativen, die beispielsweise individuelle Sprachförderung anbieten, indem sie den Stundenplan des einzelnen Lernenden innerhalb der 30 Stunden pro Woche anpassen, sollten nicht nur in einigen Schulen, sondern im ganzen Land funktionieren.
Und wie wäre es mit der Einführung eines Pflichtprogramms, das auf allen Ebenen der Primar- und Sekundarstufe auf 25 Stunden pro Woche begrenzt ist und 5 Stunden optional eingeplant werden kann, um den Bedürfnissen und Talenten der Schüler gerecht zu werden? Die Pandemie hat uns den Weg gewiesen, indem sie uns gezwungen hat, uns auf das Wesentliche des Programms zu konzentrieren.
Dies sind nur einige Vorschläge. Sind sie nicht Grund genug für eine echte Bildungsoffensive?