Freibrief vom 8. März 2021 Die Herausforderung der Mehrsprachigkeit in der Schule

Die Herausforderung der Mehrsprachigkeit in der Schule
Luxemburg zeichnet sich durch ein mehrsprachiges und multikulturelles Umfeld aus, wie es im Ausland selten zu finden ist. Was das schulische Angebot angeht, gibt es heute einen klaren Trend, das Problem dieser Heterogenität durch internationale, europäische oder private Schulstrukturen zu lösen, die sich auf eine bestimmte Sprache konzentrieren. Verpassen wir nicht eine große Chance für ein inklusives bundesweites Schulangebot? In diesem Freibrief spricht Gaston Ternes über das Thema.

Unser Vorteil bisher war, dass wir in unserem kleinen Land die Sprachen Deutsch, Französisch und Englisch auf hohem Niveau gelernt haben. Für unsere Schulen ist es ein Gewinn, dass zu Hause durchschnittlich etwa fünfzig verschiedene Muttersprachen gesprochen werden. Die Schulen des luxemburgischen Schulsystems sind daher ihrem Wesen nach allesamt „internationale Schulen“. Allerdings hat dieser Reichtum auch seine Schattenseiten: Forscher weisen immer wieder darauf hin, dass zu viele Studierende den hohen Anforderungen unseres Sprachunterrichts nicht gewachsen sind und deshalb keine ausreichenden Lernfortschritte in anderen Fächern machen.
Da junge Menschen diesen ehrgeizigen Anforderungen nicht gerecht werden können, unterliegen sie zwei Regulierungsmechanismen: Sie wiederholen den Unterricht oder wechseln in eine weniger anspruchsvolle Struktur, eine allgemeine oder vorbereitende Ausbildung. Die erste Maßnahme der Klassenwiederholung galt in wissenschaftlichen Studien zu diesem Thema lange Zeit als völlig wirkungslos. Schlimm ist auch die zweite Maßnahme: Durch einen Mangel in einer Sprache wird man insgesamt herabgestuft und in anderen Fächern werden mögliche Leistungen vorenthalten.
Ein Kind, das ein Jahr wiederholt, kostet den Staat in der Sekundarstufe rund 45.000 Euro und in der Grundschule 25.000 Euro. Das ist eine Menge Geld, das besser in eine vertiefte Reflexion unseres Sprachunterrichts investiert worden wäre.
Warum gehen wir dieses Problem nicht an? Schließlich können wir auf viele schulische Initiativen zählen. Wir haben genügend Studien, die mögliche Lösungen aufzeigen. Wir können auf die Erfahrung von Lehrern zurückgreifen, die täglich mit sprachlichen Herausforderungen konfrontiert sind. Allerdings ist der Rahmen leider zu eng, um wirksame Lösungen zu ermöglichen.
Die Antworten liegen in der Didaktik des Sprachunterrichts, in der Bedeutung des Erlernens der Sprache in ihrem Kontext, in der Motivation, eine Fremdsprache zu lernen, weil man sie in der eigenen Umgebung braucht. In diesem Sinne muss der Sprachunterricht von Grund auf neu aufgebaut werden, also von der Grundschule bis zum Abitur. Beispielsweise könnten Sprachen mit unterschiedlichen Akzentuierungen und Niveaus angeboten werden. Wir müssen unseren Sprachlehrern unbedingt eine gemeinsame Stimme in nationalen Arbeitsgruppen geben und so einen neuen Rahmen definieren!
Für Bürger, die über Grenzen hinweg zusammenarbeiten wollen, sind Fremdsprachen unerlässlich. Die Antworten auf diese große Herausforderung können sich daher nicht darauf beschränken, immer spezifischere Sprachstudienprogramme anzubieten.

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